Der Fremde-Situations-Test

Der Fremde-Situations-Test nach Mary Ainsworth

John Bowlby ging davon aus, dass Bindung ein im Menschen tief verankertes biologisches Bedürfnis sei. Mary Ainsworth führte hierzu den Fremde-Situations-Test durch.

Der Fremde-Situations-Test ist ein von Mary Ainsworth entwickeltes standardisiertes Untersuchungsverfahren. Mit diesem Test konnte man das Bindungsverhalten von 12- bis 24-Monate alten Kindern sichtbar machen. Der Test lässt sich in 7 wichtige Abfolgen von je dreiminütigen Episoden unterteilen:

  1. Das Kind wird gemeinsam mit der Mutter in einen Raum gebracht und ermutigt den Raum zu erkunden und mit dem Spielzeug zu spielen.
  2. Eine freundliche fremde Person kommt hinzu, die mit der Mutter spricht und mit dem Kind spielt.
  3. Die Mutter verlässt unauffällig für kurze Zeit den Raum; die fremde Person spielt mit dem Kind und tröstet es gegebenenfalls.
  4. Rückkehr der Mutter und Wiedersehen mit dem Kind
  5. Die fremde Person verlässt den Raum. Die Mutter beschäftigt sich zunächst mit dem Kind; verlässt dann aber für das Kind gut sichtbar ein weiteres Mal den Raum und lässt das Kind allein
  6. Die fremde Person kommt zurück und versucht das Kind zu trösten.
  7. Schließlich kehrt die Mutter zurück und die fremde Person verlässt den Raum.

Bindungsqualität des Kindes

Aufgrund dieser kleinen Episoden und dem Verhalten des Kindes lässt sich seine Bindungsqualität analysieren.

Entscheidend für die Analyse der unterschiedlichen Bindungsqualitäten ist:

Das Verhalten des Kindes zum Zeitpunkt der Trennung und zum Zeitpunkt des Wiedersehens mit der Mutter!


Dabei ließen sich folgende Bindungsqualitäten unterscheiden:

sichere Bindung: 

  • in belastenden Situationen suchen die Kinder nach Nähe und Kontakt zu Mutter;
  • werden sie allein gelassen, zeigen sie deutlich, dass sie ihre Mutter vermissen; 
  • von fremden Personen lassen sie sich nicht trösten;
  • bei der Wiederkehr der Mutter lassen sie sich von ihr beruhigen, entspannen sich und zeigen dann Explorationsverhalten!

unsicher-vermeidende Bindung:

  • zeigen keinen Kummer, wenn ihre Mutter den Raum verlässt, wirken oft gleichgültig;
  • behandeln Fremde und Mutter fast gleich;
  • ignorieren die Mutter bei ihrer Rückkehr; lassen sich von der Mutter auf den Arm nehmen, entspannen sich jedoch dabei nicht
  • Trotzdem: Diese Kinder erleben die Trennung als enorme Belastung auch wenn sie dies nicht zeigen.

unsicher-ambivalente Bindung:

  • zeigen deutlich und lautstark Kummer, wenn ihre Mutter sie alleine lässt;
  • bei Wiederkehr der Mutter zeigen sie ambivalentes (= zweideutiges) Verhalten – einerseits suchen sie die Nähe zur Mutter, andererseits stoßen sie sie von sich weg
  • häufig zeigen sie danach auch kein richtiges Explorationsverhalten, sondern halten sich “sicherheitshalber” in der Nähe der Mutter auf

desorganisierte Bindung:

  • diese Kinder haben kein wirkliches Verhaltensrepertoire in solchen Situationen aufgebaut;
  • Die Kinder suchen zwar ihre Bezugsperson als “sichere Basis”, jedoch ist diese häufig auch die Quelle von Gefahr und löst Furcht aus.
  • z.B. haben die Kinder Misshandlungen, Missbrauch oder Gewalt erfahren
  • solche Kinder zeigen häufig widersprüchliche Verhaltensweisen: z.B. ständig wiederkehrende Verhaltensweisen, Furcht vor der Bindungsperson, Erstarrung in der Körperhaltung;
  • es zeigt z.T. weder ein Bindungs- noch ein Explorationsverhalten

0 responses on "Der Fremde-Situations-Test"

Leave a Message

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Template Design © VibeThemes. All rights reserved.
Cookie Consent mit Real Cookie Banner
Zur Werkzeugleiste springen